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Social Media: Kontrolle oder Vertrauen?

11 Apr
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Bild: Benjamin Thorn/Gerd Altmann bei pixelio.de

So vieles im Leben ist unkontrollierbar. Und doch geben wir uns der Illusion hin, wir hätten alles im Griff. Seien wir dankbar: das „soziale Zeitalter“ zeigt uns aufs Neue, dass das nicht so ist.

Am Montag hatte ich das Vergnügen, in Nürnberg an einer Podiumsdiskussion zu Unternehmen und Social Media mitwirken zu dürfen. Das war eine schöne Erfahrung – mit der Schattenseite, dass ich über drei Stunden stehen musste, nachdem ich morgens noch ausgiebig laufen war …

„Wenn man Ihnen so zuhört, meint man, die Einführung von Social Media im Unternehmen sei ganz einfach. Aber ich weiß gar nicht, wie ich das auch noch beherrschen soll, wenn ich zudem noch ein Team mit Mitarbeitern führe“, war das kritische Feedback eines Teilnehmers. Und er spricht dabei einen wichtigen Punkt an.

Und jetzt auch noch Social Media …

Schon heute stehen in vielen Unternehmen Verantwortliche unter hohem Druck, was unzählige Studien immer wieder bestätigen. Zuletzt der vielfach zitierte Stressreport der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. Wenn da ein paar Innovatoren mit der Idee um die Ecke kommen, dass man als Unternehmen „mal in die Social Media gehen“ sollte, dann geht der Drehzahlmesser direkt in den roten Bereich und die Schotten fahren runter – Selbstschutz-Mechanismus.

Gemildert wird das Ganze keineswegs dadurch, dass womöglich eine Unternehmenskultur herrscht, in der die Mitarbeiter eher dazu aufgefordert werden, Informationen festzuhalten und nur auf autorisierte Anfrage herauszugeben. Womöglich auf Vorlage eines Formblatts. Erinnert mich spontan ein wenig an den Passierschein A 38, den Asterix und Obelix jagen.

Wir haben nie gesagt, dass die Einführung einfach sei. Zumindest nicht, wenn man versucht, sie ganzheitlich zu gestalten. Wenn die Marketingabteilung beauftragt wird, das klassische Marketing in die sozialen Medien hinein zu verlängern, ist der Aufwand für die Einführung von Social Media wahrscheinlich tatsächlich überschaubar. 😉

Social Media zwingt zum Nachdenken

Aber schon die Einbeziehung der Mitarbeiter kann ein erster großer Kraftakt werden – allzumal, wenn sie womöglich jahrelang in einer Kultur leben, in der das Teilen von Informationen verboten ist und die Übernahme von Verantwortung denjenigen vorbehalten bleibt, die dafür autorisiert werden. Und die mit einem ständig hohen Adrenalinspiegel bis hin zum Burnout dafür bezahlen.
Sicherlich haben solche Firmenkulturen ihren Sinn und auch eine Bedeutung aus historischen Anforderungen heraus. Aber wenn so ein Social Media Eisberg heranschwimmt, dann sollte man auf der Titanic doch überlegen, ob man nicht grundlegende Änderungen in Betracht ziehen sollte. Umschiffen wäre die einfachste und logischste. Aber wie lange kann das gutgehen, wenn die Gewässer immer voller werden? Und dann noch die Herausforderung, neue, junge Mitarbeiter zu finden die durchaus Social Media-Ansprüche haben. Oder hat das Unternehmen womöglich nur einen befristeten Anspruch an die eigene Existenz („Wir brauchen keine neuen, jungen Mitarbeiter“) …?

Umdenken tut Not: Statt stärkerer Kontrolle mehr Vertrauen. Vielleicht der Abschied auch von dem Paradigma, als Unternehmen alles kontrollieren zu können – was ohnehin eine Utopie ist: Wer maßt sich schon an, bestimmen zu wollen, was Mitarbeiter daheim erzählen oder im Sportverein oder am Stammtisch? Unternehmen sind, was sie sind und das, was Mitarbeiter von ihnen wahrnehmen. Und das erzählen die weiter.

Vertrauen fördern, Angst nehmen, Wissen vermitteln und möglicherweise Mitarbeitern mehr bieten als Gehalt, positive emotionale Erlebnisse, die eine Beziehung schaffen – das wäre der angemessenere Ansatz. Na klar, das kostet. Aber dafür gibt´s auch was zurück. Motivation, Identifikation und so was ;-). Noch tiefer geht der Ansatz der Holakratie – gefunden just diese Woche in der Süddeutschen, aber der Artikel ist leider nicht mehr verfügbar. Vielleicht war das vorgestellte Konzept zu revolutionär 😉 Aber ich bin bei shiftconsulting auf eine Erläuterung gestoßen.

Passendes Managementkonzept: Holakratie

Ok, das Ganze klingt sehr utopisch. Ich denke, als wichtigste Zutat für ein holakratische Menu benötigt man Mitarbeiter, die bereit sind, mitzugestalten und Verantwortung zu übernehmen. Mitarbeiter, die sich wirklich als Teil des Unternehmens fühlen, als Repräsentant, Verteidiger, Innovator, Verantwortlicher, Unternehmer – und eben nicht als Heuerling. Also gut, das ist utopisch 😉 Aber ein schöner Traum. Und eine konsequente Reaktion auf die Herausforderung, die durch den gesellschaftlichen Wandel vor sich geht.
Bin mal gespannt, ob die holakratischen Prinzipien sich etablieren werden. Denn noch immer misst sich der Wert eines Unternehmen an seiner finanziellen Gesundheit und seinem geschäftlichen Erfolg. Und das wird auch so bleiben. Wäre schön, wenn ein Unternehmen den Beweis erbringen könnte, dass es auch mit modernen Strukturen klappt. Auf jeden Fall aber kann es nicht schaden, Mitarbeiter zu haben, die fähig und willens sind, Verantwortung zu übernehmen. Dann bekommt man seine Social Media Community direkt mitgeliefert und die Manager sparen sich viel Zeit fürs Kontrollieren 😉

Und wir lernen wieder einmal: Es sind immer die Menschen, die den Unterschied machen. Und Social Media ist doch ein Unternehmensthema 😉

Mit besten Grüßen
Ihr/Euer Martin/ Reti

 
2 Kommentare

Verfasst von - 11. April 2013 in Social Media

 

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2 Antworten zu “Social Media: Kontrolle oder Vertrauen?

  1. Christian Lutzke

    11. April 2013 at 17:12

    wahre worte 🙂

     
    • martinreti

      12. April 2013 at 14:06

      tja, was soll man dazu sagen? 😉
      Der Diskutant stammte nicht aus der TK-Branche …

       

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